Sonntag, 25. September 2005

Sigur Rós - Takk

Wenn ich auf Parties gefragt werde, was denn meine Lieblingsplatte sei, zögere ich aus rein dramaturgischen Gründen kurz und sage dann Ágætis Byrjun. Nicht weil ich das Album musikalisch für das Größte halte, was jemals aufgenommen wurde - das ist es mit Sicherheit nicht - sondern, weil es mir persönlich die Ohren für unglaublich viel andere Musik geöffnet hat.
Schon wenige Wochen nachdem die CD den Weg in meinen Briefkasten gefunden hatte, folgten ihr GYBE!s "Lift Your Skinny Fists..." und Múms "Finally we are no one". Zwei Alben die mir den Weg in Postrock und Electronica weisen sollten, und auf die ich ohne Sigur Rós warscheinlich nicht gestoßen wäre.
Bei so viel biographischen Gewicht konnte das Nachfolgealbum eigentlich nur enttäuschen. Tat es dann auch. Vielleicht sind die nach () auf menschliches Maß zurückgeschraubten Maßstäbe der Grund, warum ich Takk wieder so sehr mag. Denn Sigur Rós sind ganz eindeutig weiter auf ihrer stilistischen Rolltreppe unterwegs.
Auch wenn sie sich nicht neu erfunden haben, sind Jonsi und Kollegen fröhlicher geworden - und wenn am Ende von Hufupukar die Blaskapelle durch den Song marschiert, kann auch ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Auch wenn Gong Sigur Rós warscheinlich nicht zu einem Indiedisko-Knaller wie Bloc Party machen wird, muss man zugeben dass der Song der warscheinlich zugänglichste und poppigste der Band ist. Trotzdem bleibt in diesen, wie in allen anderen Songs, die typische Pathetik, die es verbietet mit Tätigkeiten wie Fußnägelschneiden kombiniert zu werden, und stattdessen gedimmtes Licht sowie ungeteilte Aufmerksamkeit einfordert. Die sollte man dem Album auch zugestehen - es lohnt sich.

Anspieltipp: Glósóli [Video]
www.sigur-ros.co.uk

Samstag, 24. September 2005

Antike Hörspiele

Bei Spaceship Radio finden sich Science Fiction Hörspiele aus den 40er- und 50er-Jahren. Natürlich als Podcast.
Sehr schön knarzig, aber nur mit Realaudio-Downloads bestückt, ist auch Radiolovers.com. Besonders zu empfehlen sind die Mysterie-Hörspiele. Falls jemand von euch den Books nacheifert, sicherlich auch ein guter Platz zum sampeln.

(via De:Bug Blog)

Donnerstag, 22. September 2005

Sanso-Xtro - Sentimentalist

Es gibt auf der Welt, und insbesondere in gut sortierten Plattenläden, einfach zu viel interessante Musik, als das man alles durchhören könnte. Deshalb muss man seine Auswahl nach Kriterien treffen, die mit der Musik herzlich wenig zu tun haben - ob man z.B. den Bandtitel oder die Bassistin sympathisch findet.
Auf der Forderseite der Sentimentalist LP ist weder Band- noch Albumtitel zu sehen. Nur zwei Hände, die an einem - bis auf die Blätter - farblosen Gewächs zupfen. Auch auf der Rückseite ist außer den Tracks und einem dreiblättrigen Gewächs nicht viel zu finden.
So viel Bescheidenheit macht natürlich neugierig, deshalb war Sentimentalist das Einzige, was ich an diesem Tag aus dem Plattenladen mitgenommen habe.
Es hat dann noch einige Wochen gedauert, bis ich mir die Platte wirklich in Ruhe durchgehört habe, aber inzwischen bin ich sicher dass sich die Investition gelohnt hat.
Streckenweise erinnert Sanso-Xtros Musik an Múm, nur von jeglicher Niedlichkeit mit einem groben Spachtel befreit. Über dieser elektronischen Hintergrund spielt Sanso-Xtro alias Melissa Agate unter anderem Gitarre und Ukulele, allerdings fern ab von Nick-Drake-Zitaten wie sie März oder Tunng einsetzen. Der Albumtitel täuscht, Sentimentalität wird hier nur angedeutet und versteckt sich immer unter einer Schicht leicht entrückt wirkender Klänge.

Anspieltipp: The Last Leaf
www.sanso-xtro.com

Stranger Than Paradise

stranger_than_paradise

Hinkommen, Bier trinken, Rauschabstand-Autoren die Hand schütteln und so.

Dienstag, 20. September 2005

Citizens Here and Abroad - Ghosts of Tables and Chairs

Citizens Here and Abroad habe ich durch ihr Video zu "You Drive and We'll Listen to Music" kennen und schätzen gelernt. In dem Video geht es neben Gitarren um ein Auto von der Sorte, wie Hunter S. Thompson sie in Fear and Loathing in Las Vegas zu Schrott fährt: Benzinhungrige Straßenkreuzer mit einfahrbaren Verdeck.
Daran erkennt man natürlich, dass Citizens Here and Abroad Amerikaner sind, für die Autofahren und Freiheit ja quasi synonyme Bedeutung besitzen. Aber auch als nicht motorisierter Europäer muss ich eingestehen, dass "Ghosts of Tables and Chairs" ein guter Soundtrack für zielloses Fahren durch die Nacht ist. Wenn man nicht gerade joggt, sind die Schrammelpassagen einfach zu intensiv, um auf einen umweltschonenden Nachtspaziergang zu passen. Gleichzeitig ist der Gesang aber zu zurückgelehnt, als das man ihn mit hängener Zunge genießen könnte.
Es ist die Verbindung von Geschwindigkeit und Bewegungslosigkeit des Autofahrens, die sich in der Musik wiederfindet. Dabei erinnern die Citizenz stark an Shoegazing-Pioniere, und schaffen es mit - zugegebenerweise - recht wenigen Riffs viele schöne Songs zu schreiben. Reinhören und von Cadillacs phantasieren.

Anspieltipp: You Drive and We'll Listen to Music [Video]
www.citizenshereandabroad.com

Montag, 19. September 2005

Sleepmobil live im Deutsch-Französischem Kulturinstitut Aachen

spazierstock

Obwohl von Christoph Heemann immer wieder behauptet wird, er käme aus Aachen, ist experimentelle Livemusik hier eher eine Seltenheit. Eines der wenigen Konzerte in dieser Schublade hätte ich dann auch noch um ein Haar verschlafen, denn das Deutsch-Französische Kulturinstitut hielt es für unnötig irgendjemanden von dem Auftritt zu erzählen.
Dementsprechend war der Zuspruch auch eher verhalten, und das Verhältnis von Zuschauern zu Künstlern pendelte sich nach einer Dreiviertelstunde auf etwa 3 zu 2 ein.
Die Liveperformance von Sleepmobil integrierte sich fließend in eine Rauminstallation, die aus einer Videoprojektion von in der U-Bahn eingenickten Japanern und an den Wänden auf Tennisbällhälften montierten Luftballons bestand. In den Tennisbällen wiederum waren Lautsprecher versteckt, die dank der Luftballons einen wunderbar knarzigen Sound entwickelten.
Durch diese Surroundanlage lies Lucas Mancione mit seinem Powerbook elektronische Improvisation kreisen, während Andreas Hirsch diverse analoge Gerätschaften malträtierte. Unter den wachsam portraitierten Augen von Horst Köhler und Jacques Chirac, bearbeitete er seine Gitarre unter anderem mit Sticks, Kinderspielzeug und einem Radioempfänger. Auch Selbstgebasteltes wie der rechts abgebildete singende Spazierstock wurde gelooped und geschichtet.
Leider blieb für Applaus kaum Platz, denn auch das Ende der Perdormance ging klanglich fließend in den japanischen Monolog der Installation über, und bei experimenteller Musik ist man ja immer auf der Hut nicht an unpassenden Stellen zu klatschen.

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Links

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