Luigi Archetti & Bo Wiget - Low Tide Digitals II

Auch wenn man den gesamten Tag ununterbrochen Musik hört, gibt es zwei besonders wichtige Alben im Tagesablauf. Das Erste nach dem aufstehen, weil man zu diesen Zeitpunkt besonders anfällig für schlimme Ohrwürmer ist - und das Letzte vor dem Einschlafen, weil man den Tag ja einigermaßen entspannt beenden will.
Auch wenn Low Tide Digitals II hier und da als Ambient angepriesen wird, ist es eindeutig kein Einschlafalbum. Das merkt man spätestens wenn sich bei Stück 15 hochfrequente FM-Synthese in den Halbschlaf bohrt. Stück 15 ist genaugenommen Track 4 auf dem Album, denn die interne Nummerierung fängt da an, wo Low Tide Digitals I vor 4 Jahren aufgehört hat.
Sowohl Luigi Archetti wie Bo Wiget sind schon einige Zeit im Musikgeschäft unterwegs, und konnten in der Schweiz einiges an Improvisationserfahrung sammeln. Archetti ist nebenbei Teil der neuesten Auflage von Krautrock-Urgestein Guru Guru, und arbeitet als Multimedia-Künstler (nennt man das noch so?) in Zürich. Auch Wiget beschränkt sich nicht auf Cello und Elektronik, sondern arbeitet gelegentlich als Schauspieler. Ein Duo mit mit weit gefächerten Interessen also.
Auch auf Low Tide Digitals vermischen sich zahlreiche Einflüsse sowohl analogen wie digitalen Ursprungs, auch wenn nach Aussage des Duos die digitale Verfremdung eher im Vordergrund steht als die Instrumente selbst. Hört man das Album nicht im Halbschlaf, sondern wach und mit etwas Aufmerksamkeit, entfalten sich sogar melodiöse Elemente in den minimalistischen Improvisationen der Beiden - nur um wenig später wieder in fragilem Krach unterzugehen. Ein Album also, das es trotz sehr minimalistisch entspannten Strecken auf jeden Fall verdient bei Tageslicht gehört zu werden.
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