Heinz Strunk - Fleisch ist mein Gemüse

Kurz nach der Jahrtausendwende war ich einige Zeit Saxophonist in einer Band mit dem schönen Namen "Mills and Friends". "Mills" deshalb, weil wir regelmäßig bei einer alten Biomühle geprobt haben, und Friends weil wir wohl Freunde sein sollten. Der Altersdurchschnitt lag damals - trotz meiner Anwesenheit - kurz unter 40, deshalb fühlte ich mich gelegentlich etwas fehl am Platz. Gespielt werden sollte Blues - gespielt wurden gegen Ende vor allen Dingen Rockknaller der frühen Siebzigern bis in die tiefsten Achtziger. Dabei durfte natürlich auch nicht, das nach Heinz Strunk abscheulichste Lied der Welt, "Verdammt Lang her" fehlen. Genausowenig wie Moooaarius Müller Westernhagen (So intoniert das die alkoholisierte Landjugend). Aber alles was ich in dieser Zeit an schrägen Gigs, verpatzten Einsätzen und Hautproblemen erlebt habe, ist nichts gegen das was Heinz Strunk in seinem Buch "Fleisch ist mein Gemüse" beschreibt.
Das Buch setzt Mitte der Achziger in Harburg, einem völlig trostlosen Vorort von Hamburg, ein. Heinz ist zu diesem Zeitpunkt schon Anfang Zwanzig, musikalisch sehr begabt, lebt aber noch bei Mutter und leidet unter schwerer Akne. In seiner Freizeit schraubt er im Keller an Welthits, die allerdings Harburg, oder auch nur das Haus, nie verlassen. Heinz geht es nicht viel anders, bis er als Saxophonist bei der Band Tiffanys einsteigt. Tiffanys spielen nicht nur Bap, sondern beschallen Dorffeste, Hochzeiten und Ähnliches mit allem was der deutsche Schlager zu bieten hat. Weil ein rosa-glitzerndes Sacko und Akne nicht viel Erfolg bei Frauen einbringen, hat Heinz außer beim Masturbieren und Saufen nicht viel Freude im Leben. Folgerichtig wird er zwischenzeitig Alkoholiker und später noch Spielsüchtig. Allerdings nicht die Sorte Glücksspiel wie sie James Bond, oder Männer in gutsitzenden Anzügen an sich, betreiben sondern am unerotischsten Gerät überhaupt: Dem Merkur Disc 2. Das Buch beschreibt die 12 Jahre, in denen Heinz Teil von Tiffanys ist, mit allen Abgründen die sich in der Tanzmusik so auftun. Auch wenn man selbst nie ein Saxophon angerührt hat, liest sich das Ganze sehr gut und zeigt, dass es im Musikbusiness auch eine andere bis ins Mark uncoole Seite gibt. Allein deshalb - und weil es ein verdammt lustiges Buch ist - auf jeden Fall lesenswert.